Weine dekantieren

Warum, wann und wie lange soll ein Wein vorher dekantiert werden?

Es gibt zwei Hauptgründe für das warum:

  1. Um den Wein mit Sauerstoff anzureichern. Einen grossen Einfluss auf den Wein, insbesondere auf den Alterungsprozess, hat der Sauerstoff. Dieses farb-, geruch- und geschmacklose Gas ist sehr reaktionsfreudig und geht mit den Stoffen im Wein (Alkohol, Mineralstoffe, Gerbstoffe, Farbpigmente) rasch Verbindungen (Oxidation) ein. Eine Sauerstoff zufuhr mittels Dekantieren ist also je nach Weinalter und Weinart sehr zu empfehlen.
  2. Um ein etwaiges Depot vom Wein zu trennen. Durch das Dekantieren wird das Depot, das sich durch eine längere Lagerzeit vom Wein abgesondert hat, in der Flasche zurückbehalten. Wenn nämlich Depot in die Karaffe und somit ins Weinglas gelangt, kann dies, nebst einer starken Trübung des Weins, geschmacklich bitterliche Auswirkungen haben.

Die Meinungen wann und wie lange ein Wein vor dem Genuss dekantiert werden soll, gehen schon mal auseinander. Nicht alle Weine ertragen das Dekantieren. So z.B. kann sich das Aroma leichter Rotweine verflüchtigen und der Wein erscheint dann sehr flach. Einen kräftigen, tanninreichen Rotwein kann man meist ohne Zögern dekantieren. Fixe Regeln für das Dekantieren (und wie lange vorher) sind schwer festzulegen, weil viele Faktoren eine Rolle spielen. Nachfolgend aufgeführte Empfehlungen sehe ich als allgemeine Richtlinie:

  • Leichtere, jüngere Rotweine bis zirka 5-jährig 
    Z.B. Pinot Noir, Zweigelt, Dolcetto,  usw., zirka 30  -   60 Minuten vor dem Genuss
  • Leichtere, ältere Rotweine bis zirka 6 - 12-jährig 
    Z. B. Pinot Noir, Zweigelt, Dolcetto usw., zirka 15  -   30 Minunten vor dem Genuss
  • Kräftigere, jüngere Rotweine bis zirka 8- jährig 
    Vor allem im Barrique ausgebaute Weine, z. B. Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Nebbiolo, Tempranillo usw., zirka 90  - 120 Minuten vor dem Genuss
  • Kräftigere, ältere Rotweine - zirka 9 - 20-jährig  
    Z. B. Cabernet Sauvignon, Merlot, Syrah, Nebbiolo, Tempranillo usw., zirka 60  -   90 Minuten vor dem Genuss
  • Kräftige, sehr alte Rotweine - 20-jährig und mehr
    zirka 15  -   30 Minuten vor dem Genuss

Wenn man vom Dekantieren spricht, so meint man meist Rotweine. Aber es ist sehr wohl auch für besondere, kräftige Weissweine (z. B. ein Corton Charlemagne, ein Condrieu usw.) von Vorteil (bezüglich Zeitempfehlung siehe „Leichtere, jüngere oder leichtere, ältere Rotweine“).
 

Die Technik des Dekantierens 

Älterer Wein, der längere Zeit im Keller liegend gelagert wurde, behutsam, in liegender Position, damit das eventuell vorhandene Depot nicht aufgewirbelt wird, aus dem Weinregal entnehmen und in einen speziellen Ständer oder Flaschenkorb legen, danach entkorken. Junger Wein braucht nicht mit derselben Sorgfalt gehandhabt werden, da er in der Regel noch kein Depot ausgesondert hat.

Zum Dekantieren benötigen wir eine Karaffe und eine brennende Kerze (nur wenn ein Depot vorhanden ist). In der einen Hand wird die Weinflasche und in der anderen die Karaffe gehalten. Nun wird der Flaschenhals über die brennende Kerze gehalten und  der Wein in die Karaffe gegossen. Der durchfliessende Wein im Flaschenhals wird von oben dabei ständig beobachtet (unter dem Flaschenhals befindet sich ja die Kerze, die das notwendige Licht spendet). Sobald er sich dort verdunkelt und/oder trüb wird (Beginn vom Überfliessen des Depots in die Karaffe), muss der Dekantierprozess gestoppt  werden. Das Depot bleibt somit in der Flasche. Beim Umgiessen soll der Wein als Film an der Innenwand der Karaffe fliessen und nicht als Strahl auf den Karaffenboden aufprallen.

Ein Wort noch zur (richtigen) Karaffe. Es gibt Unmengen von Karaffenformen. Einfach und allgemein empfehle ich folgendes: Wenn wir durch das Dekantieren eine Sauerstoffanreicherung anstreben, sollte die Karaffe unten einen grossen Durchmesser haben, so dass sich der Wein weitläufig ausbreiten kann. Ein enger Karaffenhals verhindert, dass die Aromen oder das Bouquet zu schnell entweichen. Bei sehr alten Weinen, wo wir nur das Depot zurückbehalten wollen und keine intensive Sauerstoffanreicherung anstreben, ist eine schlanke Karaffe empfehlens-wert, da sonst das Risiko einer zu starken Oxidation besteht.